himalayan obstacles

Anstatt einer Lüftung im Bad, haben die Zimmer eine Öffnung ins Freie in der Wand, das den ohnehin nicht beheizten Raum so kaum wärmer sein lässt, als die Außentemperatur. Während ich diese Zeilen laut durchlese, bildet mein Atem in meinem Zimmer weiße Wölkchen. Es hat nur noch 1 Grad in meinem Schlafzimmer. Die letzte Nacht verbrachte ich unter zwei riesigen Wolldecken und nur meine frisch erworbene Wärmflasche ließ mich wenigstens immer wieder ein Stündchen schlafen. Morgens wollte ich mich mit Öl massieren, aber dem Öl war es zu kalt, um aus der Flasche zu kommen.
Meine Garderobe ist dem Wetter hier absolut nicht angemessen und mein Körper verbleibt in einer Kältestarre.

Es gibt keinen warmen Aufenthaltsraum in meiner Yogaschule. Die schlecht getimten Mahlzeiten nehmen wir unter einer Plastikplane im Freien ein. Das heutige Regenwetter erinnert mich an Regenfestivals der Vergangenheit und dieses Gefühl im Freien sein zu müssen bei Mistwetter, ohne eine Möglichkeit zu haben sich einmal aufzuwärmen. Das ist gerade eher Überlebenskampf, als irgendetwas, das man genießen könnte. Morgen sind Werte Richtung dem Gefrierpunkt und darunter angesagt. Der Frühling ist dieses Jahr spät dran, sagen sie. Das ist mir auch schon aufgefallen.
Julia ist sich nicht sicher, ob sie die Ausbildung bei dem Wetter durchziehen möchte und Amanda verzweifelt am Unterricht auf Englisch. Ich weiß nicht genau wie ich mich fühlen soll.
Heute Morgen haben wir auf dem Dach eine Puja, genauer gesagt eine Feuerzeremonie, abgehalten. Es ist Montag, Shivatag, ein besonders guter Tag für eine Puja. Gewidmet war das Spektakel Ganesha, Shivas Sohn und der Überwinder aller Hindernisse. Es wird nicht leicht werden, weil innere und äußere Hindernisse nicht zu vermeiden sind. Hari meinte, dass wir uns befreien sollen, von unseren Vorstellungen und nichts erzwingen sollen, während unserer Ausbildung. Man sieht schon, dass die äußeren Umstände allein schon sehr fordernd sind und nur allzu gern würde ich den Kopf hängenlassen. Aber da steckt wieder eine Entwicklungsmöglichkeit dahinter. Ist es nicht so, dass wir auf die äußeren Umstände nur wenig Einfluss haben und das Leid davon abhängt, ob wir darauf flexibel reagieren können? Hari hat drei frierende Mädchen in seinem Kurs und versucht, mit einer unerschütterlich freundlichen Einstellung und lächelnden Augen es allen recht zu machen. Ich möchte mir an ihm ein Vorbild nehmen. Dr. Pratish verglich es damit, wie das Wasser zu sein. Flexibel mitfliessen mit dem Fluss des Lebens.

Hari ist Sohn einer indischen Brahmanentocher und eines Nepalesen. Er ist im Himalaya unter ärmlichen Bedingungen aufgewachsen und erzählte, dass es manchmal trotz der Kälte keine Kleider gab oder man mit einer Mahlzeit am Tag auskommen musste. Als ich das hörte, kam ich mir verwöhnt und verweichlicht vor, wie ich da im Zwiebellook vor dem Heizlüfter kauerte.
Kälte, Regen, nasse Füße und wenn schon. Ich bin nicht zufällig hier und besonders die Dinge, die mir auf den ersten Blick nicht gefallen, werden etwas für mich bereithalten. Menschen fungieren als Spiegel und Umstände fordern uns in meinen Augen auf, unser Mindset zu überprüfen und aus dem unbewussten reagieren herauszukommen. Ich werde mir jeden Tag auch mal ein Lächeln aufsetzten und dankbar sein in Indien zu sein und eine weitere Yogalehrerausbildung machen zu können. Ich bin nicht aus Zucker und der Frühling ist schon auf dem Weg, so viel steht fest.

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